
Die Sonne klettert gerade über die umliegenden
Berge. Schon brechen erste Strahlen durch
das Geäst des Mischwalds, zaubern märchenhafte
Lichtstimmungen auf den Wanderweg. Lösen
den Morgendunst, der mystisch über den Wiesen
wabert, wie von Geisterhand auf. Heureka, wir
können die Alchemisten verstehen, die glaubten,
aus einem Tropfen Morgentau in der Blüte des
Frauenmantels den sagenumwobenen Stein der
Weisen herstellen zu können.
18 glücksblatt
Gleich zu Beginn unserer Blumen- und Kräuterwanderung
von Reit im Winkl hoch zum Wetterkreuz
begeistern uns Kräuterwanderführerin
Silvia Schmuck und Gartenbauingenieurin Tina
Robok mit ihrer ganzheitlichen Herangehensweise.
Wir passieren das Schwimmbad am Ortsrand,
als Tina uns den Blick für eine üppige Blumenwiese
öffnet: „Seht her, Kuckuckslichtnelken,
Kröterich, Schafgarbe, Hornklee, eine ganze
Palette Knabenkräuter – es lohnt sich, kurz stehen
zu bleiben, diesen unglaublich bereichernden
Moment an ‚Flower-Power‘ zuzulassen.“
Silvia zeigt uns Beinwell: „Nomen est omen, der
hilft bei Knochen- und Muskelerkrankungen.
Die Blätter zerrieben auf die Gelenke legen wirkt
wahre Wunder.“
Vitamine vom Holunder
Wir wenden den Blick vom Hang zum Bilderbuchdorf,
wo direkt dahinter der beeindruckende
Wilde Kaiser in die Höhe wächst.
Mitten im Bild dominiert ein bald 20 Meter
hoher Holunderbaum. „Der Holunder
lieferte zu Kriegszeiten oft die
einzigen Vitamine“, berichtet
Silvia aus Erzählungen ihrer
Mutter. „Als Sirup dient er
heute ja auch in Lifestyle-
Limonaden und schmeckt im ‚Hugo‘ vorzüglich.“
Direkt am Wegesrand, unweit einer Rastbank, erspäht
Tina eine seltsame Pflanze. „Das gewöhnliche
Fettkraut ‚Pinguicula vulgaris‘ bedient sich
einer Eigenschaft, die hierzulande selten ist. Das
blau-violette Wasserschlauchgewächs zählt zu den
fleischfressenden Pflanzen“, klärt uns Tina auf. Es
erfordert ein scharfes Auge, um den perlenförmigen
Klebstoff an der Innenseite der fleischig-flauschigen
Blätter zu erkennen.
Wirklich eine Augenweide
Distel, Scharfer Hahnenfuß, Ehrenpreis, Kerbel,
Glockenblumen, Margeriten, Lichtnelken, Sauerampfer,
Günsel, Pippau, der Zottige Klappertopf
– auch die nahe Glapfalm ist eine Augenweide.
Nach einer gemütlichen Pause führt der Steig
durch einen Teppich süßlich duftender Maiglöckchen
weiter bergwärts bis zum 1.061 Meter hohen
Wetterkreuz – einem schönen Panoramagipfel.
Der Abstieg entführt uns ein ums andere Mal in
die Pharmaabteilung der alpinen Pflanzenwelt. Silvia
und Tina begeistern mit spannenden Storys. So
trainiert Wandern nicht nur die Waden, sondern
erweitert auch den Horizont. Norbert Eisele-Hein
Auch dem Enzian begegnet
man bei der Wanderung.
Weitere Infos unter
reitimwinkl.de/gefuehrte-wanderungen
In der Natur unterwegs
Das ist Bavarian
Flower-Power!
Vom Stein der Weisen bis hin zu Lifestyle-Limonaden – die
Blumen- und Kräuterwanderungen rings um Reit im Winkl
zeigen nicht nur an den Waden Wirkung, sondern sie
erweitern auch den Horizont. Und das völlig kostenlos.
Fotos: Eisele-Hein
Tina Robok (links) und Silvia Schmuck sind
Expertinnen, wenn es um Blumen und Kräuter geht.
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